Der Hippie-Krimi, der entgleiste: Münster-Tatort "Rhythm and Love" heute (02.12.2025) im WDR

© WDR/Martin Valentin Menke
Es gibt Fälle, da gerät selbst das gewohnt souveräne Ermittler-Duo aus Münster ins Straucheln. Heute Abend (02.12.2025) um 20:15 Uhr kehrt das beliebte Duo Thiel und Boerne im WDR auf die Bildschirme zurück. Im Münster-Tatort "Rhythm and Love" führt der Fall Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) in eine ländliche Bio-Kommune, in der freie Liebe, spirituelle Lehrer und - man höre und staune - Alpakas den Ton angeben. Das ist Krimi-Comedy, die bewusst überzeichnet, aber gerade deshalb so herrlich chaotisch ist. Der Münster-Tatort "Rhythm and Love" ist auch über die ARD Mediathek abrufbar.
Rhythm, Love - und eine nackte Leiche
Der Titel spielt auf eine Hippie-Atmosphäre an, die von Urschrei-Therapie und polyamoren Beziehungen geprägt ist. Doch die vermeintliche Harmonie weicht schnell einem Schock: Der spirituelle Lehrer der Kommune "Erlenhof", Maik Koslowski (Matthias Zera), wird nackt und erschlagen im Wald aufgefunden. Der brutale Mord steht in scharfem Kontrast zur sanften Philosophie der Gemeinschaft. Drehbuchautorin Elke Schuch liess sich dabei von Alfred Hitchcocks Credo inspirieren, das Publikum "so viel wie möglich leiden zu lassen" - was in diesem Fall nicht nur für die Verdächtigen, sondern auch für die Ermittler gilt. Thiel und Boerne wirken seltsam verunsichert und leisten sich ungewohnt viele Pannen und Selbstzweifel.
Besonders das ungewöhnliche Setting liefert den Humorgehalt. Die Kommune selbst ist wegen Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz aktenkundig, was sofort die Aufmerksamkeit der Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Grossmann) erregt. Und dann sind da noch die Alpakas, die auf dem Hof leben und in einigen Szenen als stoische Nebendarsteller den typischen Münster-Humor verstärken. Polyamorie, Alpakas und ein Toter - "Rhythm and Love" ist ein komplexer Fall, der sich im chaotischen Miteinander der Kommune verfängt. Maiks Seminarleiterin und eine seiner vier Freundinnen, Inès Fournier (Maëlle Giovanetti), bestätigt, dass der Tote mehrere Beziehungen gleichzeitig führte - darunter eine mit dem Polizei-Pressesprecher Johannes Hagen (August Wittgenstein).
Das Labor-Desaster und das Familien-Alibi
Die Ermittlungen geraten schnell ins Stocken und werden durch eine Reihe von Missgeschicken behindert. Der Priester Tobias Flügge (Nikolai Kinski) meldet zwar die Leiche, entzieht sich aber Thiels Befragung unter Berufung auf das Beichtgeheimnis - eine klassische Münster-Verwicklung von Kirche und Kriminalität. Presse-Sprecher Hagen, der sich als Verdächtiger in Thiels Fokus sieht, beteuert, zur Tatzeit mit seinem Vater Kurt Hagen (Peter Harting), einem ehemaligen Kriminalpolizisten, angeln gewesen zu sein. Auch er lebt mit seiner Frau Marion in einer offenen Ehe, was die komplexen Beziehungsgeflechte noch komplizierter macht.
In der Rechtsmedizin kommt es indes zum Desaster: Boernes Assistentin Silke "Alberich" Haller (Christine Urspruch) lässt ein am Toten gefundenes Haar zu Boden fallen. In panischer Eile versucht sie, den Fehler zu vertuschen, doch Boerne entdeckt eine der Haarproben. Er lässt sie analysieren, nur um festzustellen, dass das Haar von ihm selbst stammt - ein Moment der komischen Verzweiflung, der die Pannen-Serie der Ermittler auf die Spitze treibt und Johannes Hagen zunächst entlastet.
Die Väter-Sünde und das Chaos der Liebe
Die tatsächliche Auflösung rückt erst ins Zentrum, als der pensionierte Kriminalpolizist Kurt Hagen ins Spiel kommt. Er beobachtet, wie seine Schwiegertochter Marion Hagen (Patrycja Ziółkowska) Kommissar Thiel von ihrer eigenen Affäre mit Maik und der Eifersucht ihres Mannes berichtet. Aus Sorge um seine Familie und um seinen Sohn zu schützen, erschlägt er kaltblütig den Priester Tobias Flügge und tarnt die Tat als Schienensuizid - ein fataler Fehler, denn Thiel findet heraus, dass Kurt Hagen in seiner aktiven Zeit einen solchen vermeintlichen Suizid als Mord aufgeklärt hatte.
Die Familienfassade der Hagens bricht endgültig zusammen, als Marion zugibt, dass Johannes’ Alibi falsch ist. Sie war in der Mordnacht selbst mit Maik zusammen und fand ihren Schwiegervater danach schlafend. Schliesslich stellt sich heraus: Kurt Hagen ist der Doppelmörder. Er hatte den Priester getötet, um seinen Sohn zu decken, und Maik umgebracht, weil er seine Familie bedroht sah. Am Ende zieht Marion Hagen mit ihren beiden Kindern in den Bauwagen des toten Maik Koslowski auf den Erlenhof - eine Wendung, die das ganze Chaos der "freien Liebe" in einen bizarren Neustart mündet und den Fall mit einer Mischung aus Tragik und grotesker Ironie abschliesst. "Rhythm and Love" ist ein Film, der sich nicht scheut, die gewohnte Münster-Rezeptur zu überdrehen, und gerade durch seine Selbstironie überzeugt.








