DonnerstagsKrimi "Charlotte Link - Einsame Nacht": Ein Thriller mit Film-Noir-Touch heute (02.10.2025) in der ARD

© ARD Degeto Film/Khuram Qadeer Mirza
Die Verfilmungen der Romane von Charlotte Link sind ein fester Bestandteil des ARD-DonnerstagsKrimis. Heute (02.10.2025) um 20:15 Uhr steht der erste Teil des Zweiteilers "Charlotte Link - Einsame Nacht" auf dem Programm, und wer hier nur einen weiteren gemütlichen Fernsehkrimi erwartet, liegt falsch. Die Drehbuchautoren Benjamin Benedict und Jörg Lühdorff haben die seitenstarke Bestsellervorlage der deutschen Krimikönigin in einen ungewöhnlichen, psychologisch tiefgründigen Thriller verwandelt, der von der ersten Minute an fesselt. Der Film besticht nicht nur durch seine komplexe Erzählstruktur, sondern vor allem durch eine geradezu hypnotische Atmosphäre, die zum Hauptdarsteller avanciert. "Charlotte Link - Einsame Nacht ist auch über die ARD Mediathek abrufbar.
Scarborough: Wenn das Wetter zur Gefahr wird
Die Küstenstadt Scarborough bildet die düstere Kulisse für eine erschreckende Serie von Gewalttaten. Die rauen Originalschauplätze an Englands Nordseeküste – Felsen, Nebel und das unheilvolle, graue Meer – sind mehr als nur Hintergrund. Regisseur Jörg Lühdorff inszeniert sie so, dass die Naturgewalten die innere Zerrissenheit der Charaktere spiegeln. Dieser atmosphärische Look, der stellenweise an einen klassischen Film Noir erinnert, verleiht dem Stoff eine beklemmende Tiefe. Ein Gefühl permanenter Bedrohung liegt über den Bildern, das perfekt mit der Brutalität der Morde korrespondiert.
Im Zentrum der Geschichte steht der sogenannte "Alvin-Fall": Zehn Jahre ist es her, dass der Teenager Alvin Malory (Max Collins) einen bestialischen Überfall nur knapp überlebte und seitdem im Koma liegt. Die Tat blieb unaufgeklärt. Nun, nach dem Mord an einer jungen Frau (Lisa Riesner), findet die Polizei am Tatort neue Spuren: Es sind dieselben Fingerabdrücke einer unbekannten Person wie im ungelösten Cold Case von Alvin!
Ein Serientäter mit Innenleben
Ermittlerin Kate Linville (Henny Reents) muss die Verbindung zwischen diesen Rätseln herstellen, was durch interne Konflikte erschwert wird. Ihre neue Chefin Pamela Graybourne (Helene Grass) verbietet strikt die Einbeziehung des suspendierten Ex-Polizisten Caleb Hale (Lucas Gregorowicz), der damals in dem Fall ermittelte.
Die Drehbuchautoren entscheiden sich für einen ungewöhnlichen Kunstgriff, um die psychologische Dimension des Thrillers zu unterstreichen. Der Film beginnt mit einer verstörenden Erzählerstimme: "Ich war 13 Jahre alt, als ich meine Großmutter umbrachte." Damit wird das Innenleben des Täters ungewöhnlich früh und intensiv beleuchtet. Es ist ein Schachzug, der die Spannung nicht mindert, sondern in eine andere Richtung lenkt: weg vom reinen Wer war es, hin zum abgründigen Warum.
Als dann bei einem Single-Kochkurs eine Teilnehmerin (eine der ersten Szenen, die von der Komplexität der Ermittlung zeugen) auf dem Heimweg ermordet wird und eine Pflegerin (Milena Tscharntke) spurlos verschwindet, wächst der Druck auf Linville und ihr Team. Die Ermittlerin taucht undercover in einer Dating-Agentur ab, deren Leiterin (Anke Sabrina Beermann) nicht mit offenen Karten spielt, während der Serientäter weiter zuschlägt.
Starke Frauenfiguren in der Krise
Die Besetzung brilliert. Henny Reents als Detective Kate Linville und Helene Grass als ihre Chefin Pamela Graybourne verkörpern zwei starke, moderne Frauenrollen. Sie sind Ermittlerinnen mit Eigenwilligkeit und deutlicher Verletzlichkeit, die sich - fernab gängiger Klischees - durchbeißen müssen. Für Grass ist es der vielversprechende Einstand in das deutsch-britische Darstellerensemble.
Dass die Verfilmung so dicht und atmosphärisch geraten ist, liegt auch am Engagement der Autorin selbst: Obwohl Charlotte Link die Filmrechte verkauft hat, ist sie bei wichtigen Entscheidungen wie der Castingliste stark involviert. Sie kämpft sogar bisweilen mit dem Sender um den Erhalt dramaturgisch zentraler, brutaler Szenen, um die Härte und Komplexität ihrer Vorlage zu bewahren – ein Tauziehen, das zeigt, wie ernsthaft hier um die Qualität des Films gerungen wurde.
Lohnt sich das Einschalten?
Ja, unbedingt. "Charlotte Link - Einsame Nacht" ist ein hochspannender, dicht inszenierter Krimi, der seine Zuschauer nicht mit einfachen Antworten abspeist. Er punktet mit seiner einzigartigen Stimmung, den rauen Originalschauplätzen, die wie ein weiterer Charakter wirken, und der psychologischen Tiefe der Täter- und Ermittlerprofile. Wer anspruchsvolle Kriminalliteratur mit einem Hauch von Film Noir schätzt, wird hier eine packende "Einsame Nacht" vor dem Fernseher verbringen. Es ist ein Auftakt, der die Vorfreude auf den zweiten Teil schürt, welcher bereits morgen (Freitag, 03.10.2025) ausgestrahlt wird.