Leipzig-Tatort "Unbestechlich": Wenn Loyalität im Drogensumpf ertrinkt - heute (06.10.2025) im MDR

© MDR/Saxonia Media/Steffen Junghans
Manchmal sind die größten Konflikte nicht die zwischen Gut und Böse, sondern die zwischen Loyalität und Wahrheit. Heute Abend wiederholt der MDR um 20:15 Uhr den Leipzig-Tatort "Unbestechlich" und liefert damit ein psychologisch dichtes Kammerspiel, das die Kommissare Eva Saalfeld (Simone Thomalla) und Andreas Keppler (Martin Wuttke) an die schmerzhaften Grenzen ihrer Freundschaft und ihrer beruflichen Integrität führt. Dieser Fall ist eine finstere Reise in die Drogenszene, wo die Unbestechlichkeit der Polizei auf tödliche Weise auf die Korruption in den eigenen Reihen trifft.
Die Stunde der Wahrheit: Loyalität am seidenen Faden
Der Fall beginnt brutal: Die junge Ellen Krüger wird tot aufgefunden. Sie starb an einem Genickbruch, erstickt am eigenen Blut. Schnell wird klar, dass Ellen heroinabhängig war und ihre Spur in eine schattige Kneipe führt, die zum sozialen Brennpunkt für Opfer, Dealer und Ermittler wird. Keppler fasst seine nüchterne Arbeitsphilosophie trocken zusammen: "Meine Stammkneipe ist das Büro." Doch dieser Fall zwingt ihn und Saalfeld, genau dorthin zu gehen, wo die Abgründe beginnen.
Die Obduktion bestätigt Ellens Sucht, und die Ermittlungen bringen eine beunruhigende Verstrickung ans Licht: Matthias Krupp (Thorsten Nindel), ein Polizist des Dezernats Raub und langjähriger, enger Freund der Kommissare, gerät unter Verdacht. Die moralische Zerreißprobe ist sofort spürbar. Krupp ist auf der verzweifelten Suche nach seiner eigenen drogensüchtigen Tochter Amelie (Carolyn Genzkow), was ihn in die Kreise der Toten führte. Als Krupps Fingerabdrücke in Ellens Wohnung gefunden werden, müssen Saalfeld und Keppler einen Haftbefehl gegen ihren eigenen Freund vollstrecken - ein Moment von beklemmender Intensität, der die Tiefe ihrer eigenen Loyalitäten auf die Probe stellt.
Drogen, Dilemma und ein flüchtiger Kuss
Das Drehbuch entwickelt sich zu einem meisterhaften Spiel mit falschen Fährten und dunklen Geheimnissen in den Behörden. Der zwielichtige Drogenfahnder Stefan Dirks (Harald Schrott), der mit Keppler ein subtiles Machtspiel am Billardtisch austrägt, scheint mehr zu wissen, als er zugibt. Gleichzeitig erfahren Saalfeld und Keppler von einem Disziplinarverfahren gegen Krupp, was dessen Beteiligung glaubhaft erscheinen lässt.
Der Mord an Krupp am nächsten Morgen erschüttert die Kommissare zutiefst und lässt keinen Zweifel mehr: Es geht um einen Verrat in den eigenen Reihen. Keppler gelingt es, einen entscheidenden Hinweis aus Krupps letzten Momenten zu entziffern - die unvollständige Taxi-Konzessionsnummer 1327 - die zum Taxifahrer Oliver Bendler (Volker Bruch) führt, Ellens heimlichem Freund.
Dieser Tatort ist auch ein schauspielerischer Meilenstein für die Reihe: Neben der hervorragenden Carolyn Genzkow, die hier ihr Talent als verzweifelte Süchtige zeigt, überraschen Thomalla und Wuttke die Zuschauer. In einem Moment der emotionalen Erschöpfung und tiefen Verbundenheit zeigen Saalfeld und Keppler eine ungeahnte Zuneigung, die in einem flüchtigen Kuss mündet - ein seltener, menschlicher Moment in der sonst so harten beruflichen Realität der beiden.
Die Schatten der Unbestechlichkeit
Die Auflösung enthüllt ein perfides Geflecht aus Erpressung und Amtsmissbrauch. Es stellt sich heraus, dass der Drogenfahnder Dirks unterschlagenes Heroin auf den Markt brachte und Ellen Krüger als seine Dealerin benutzte. Krupp war Dirks´ korrupten Geschäften auf die Spur gekommen, was sein Todesurteil war.
Die erschütterndste Wendung liefert jedoch die Staatsanwältin Karin Lucke (Petra Zieser). Sie liefert Dirks ein Alibi und blockiert die Ermittlungen - nicht aus Gier, sondern weil sie erpresst wird. Der Taxifahrer Oliver Bendler, der Ellen im Streit tötete, ist ihr eigener Sohn. Dirks nutzte diese Mutterliebe schamlos aus, um sich selbst zu schützen.
Als Bendler am Ende in einem Moment der Verzweiflung aus einem Obergeschoss stürzt, kniet die Staatsanwältin, die den Schutz ihres Sohnes über das Gesetz stellte, fassungslos an seiner Seite. Bei seiner Festnahme durch Saalfeld und Keppler meint Dirks nur, ob sie überhaupt eine Ahnung hätten, wie befreiend es sein könne, einmal richtig mitzuspielen.
"Unbestechlich" ist ein packender Kriminalfilm über die Zerbrechlichkeit von Moral, wenn persönliche Tragik auf berufliche Verpflichtung trifft. Er zeigt, dass die größten Gefahren für die Gerechtigkeit oft nicht auf der Straße, sondern in den eigenen Reihen lauern.