Die Themen bei "Markus Lanz" heute (19.06.2025): Weimers Kulturkampf, grüne Neuaufstellung und die Strategie des Kanzlers

© ZDF/Markus Hertrich
Ein hochkarätig besetztes Studio bei Markus Lanz am späten Donnerstagabend (19.06.2025 um 23:40 Uhr): Mit dem frischgebackenen Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, dem Co-Vorsitzenden der Grünen, Felix Banaszak, und der "FAZ"-Journalistin Julia Löhr trafen Welten aufeinander. Im Zentrum der Debatte standen die neue kulturpolitische Agenda der Regierung, die Zukunft der Grünen nach einer Ära des Umbruchs und die strategischen Schachzüge von Bundeskanzler Friedrich Merz.
Weimers Agenda: "Konservative Werte" für die Kulturnation
Mit Spannung wurde der erste große Talkshow-Auftritt von Wolfram Weimer nach seiner überraschenden Berufung zum Kulturstaatsminister erwartet. Der Publizist, bekannt für seine pointierten und oft konservativen Kommentare, gab sich staatsmännisch, aber klar in der Sache. "Kultur ist das Fundament unserer Gesellschaft, und dieses Fundament muss gepflegt und geschützt werden", erklärte Weimer. Er kündigte an, den Fokus seiner Arbeit auf die Stärkung des "kulturellen Erbes" Deutschlands zu legen. Dazu zähle die Förderung von Institutionen, die sich der klassischen Musik, der Literatur und der bildenden Kunst verschrieben haben, aber auch die Unterstützung der breiten Vereins- und Ehrenamtskultur in der Fläche.
Auf Nachfrage von Markus Lanz, was er konkret unter der Rückbesinnung auf "konservative Werte" in der Kultur verstehe, entgegnet Weimer: "Es geht um die Wertschätzung von Leistung, um die Anerkennung von Traditionen, die uns verbinden, und um einen aufgeklärten Patriotismus, der sich seiner Geschichte bewusst ist." Er wehrt sich gegen den Vorwurf, eine Politik der Ausgrenzung betreiben zu wollen. Sein Verhältnis zu Kanzler Merz beschrieb er als "von gegenseitigem Respekt und dem gemeinsamen Willen geprägt, dieses Land voranzubringen".
Journalistin Löhr: Weimers Berufung als "strategischer Coup"
Die FAZ-Redakteurin Julia Löhr, die die politische Landschaft seit Jahren analysiert, ordnete Weimers Ernennung als klugen Schachzug von Kanzler Merz ein. "Friedrich Merz bedient mit Weimer gezielt das bürgerlich-konservative Lager, das sich in den letzten Jahren von der Kulturpolitik entfremdet gefühlt hat", so Löhr. Es sei eine "symbolische und strategische Entscheidung", die zeige, dass der Kanzler die sogenannte kulturelle Hegemonie der Linken brechen wolle. Gleichzeitig sei es ein Testballon, um zu sehen, wie weit er in gesellschaftspolitischen Debatten gehen könne. Lanz hakte nach, ob dies nicht ein enormes Konfliktpotenzial berge. "Absolut", bestätigte Löhr, "aber genau das ist Teil der Strategie. Merz will die Debatte, er will die Polarisierung in diesem Feld, um die eigenen Reihen zu schließen."
Grünen-Chef Banaszak: Die Suche nach der neuen Rolle
Für Felix Banaszak, der nach dem Rückzug der prägenden Figuren Robert Habeck und Annalena Baerbock gemeinsam mit seiner Co-Vorsitzenden die Grünen führt, war der Abend eine Gelegenheit zur Standortbestimmung. Sichtlich bemüht, die Partei als geeint und zukunftsfähig darzustellen, sprach er von einer "Phase der Erneuerung und Konzentration". Die Oppositionsrolle sei eine Chance, "grüne Politik von Grund auf neu zu denken und für die Menschen anschlussfähig zu machen".
Angesprochen auf Weimers kulturpolitische Pläne, fand Banaszak deutliche Worte: "Was wir hier erleben, ist der Versuch eines kulturellen Rollbacks. Unter dem Deckmantel von Tradition soll ein engstirniges und ausgrenzendes Kulturverständnis etabliert werden." Er warf der Regierung vor, die Vielfalt der modernen Gesellschaft zu ignorieren und die freie Kunstszene unter Druck zu setzen.
In der Analyse der Oppositionsarbeit der Grünen durch Julia Löhr wurde jedoch auch Kritik an der Partei deutlich. "Den Grünen fällt es sichtlich schwer, aus den alten Mustern der Regierungspolitik herauszufinden. Die Angriffe wirken oft einstudiert und erreichen die breite Bevölkerung nicht", analysierte die Journalistin. Banaszak konterte, dass man sich bewusst Zeit für einen grundlegenden Erneuerungsprozess nehme, anstatt in hektischen Aktionismus zu verfallen.
Der Abend bei Markus Lanz zeichnete so das Bild einer politisch neu sortierten Republik: eine selbstbewusste Regierung, die mit konservativen Werten punkten will, eine Opposition auf der Suche nach ihrer neuen Schlagkraft und eine Presse, die die strategischen Manöver dahinter präzise seziert. Die Debatte über die kulturelle Identität des Landes, so wurde an diesem Abend deutlich, hat gerade erst begonnen. Nach der Ausstrahlung ist "Markus Lanz" auch über die ZDF Mediathek verfügbar.