München-Tatort "Das Verlangen" entfesselt ein mörderisches Kammerspiel - heute (26.12.2025) in der ARD

© BR/Claussen+Putz Filmproduktion GmbH/Walter Wehner
Heute (26.12.2025) am zweiten Weihnachtsfeiertag erwartet die Zuschauer im Ersten ein Krimi-Abend der besonderen Sorte. Das Münchner Residenztheater dient dabei nicht nur als prächtige Kulisse, sondern wird im neuen München-Tatort "Das Verlangen" heute um 20:15 Uhr zum eigenständigen Akteur. Während einer Aufführung von Anton Tschechows "Die Möwe" bricht die talentierte Jungschauspielerin Nora Nielsen (Giulia Goldammer) unter den Augen des Publikums tot zusammen. Was als geplantes Bühnendrama beginnt, schlägt schlagartig in eine reale Tragödie um, die das eingespielte Ermittlerteam vor eine komplexe Herausforderung stellt. Nach Ausstrahlung wird der neue München-Tatort "Das Verlangen" auch über die ARD Mediathek abrufbar sein.
Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) müssen sich gemeinsam mit ihrem Kollegen Kalli Hammermann (Ferdinand Hofer) tief in die verwinkelten Gänge und Probebereiche des Traditionshauses begeben. Hinter der glänzenden Fassade des Kulturbetriebs stoßen die Beamten auf ein Geflecht aus Eitelkeiten, unterdrückten Affären und beruflichem Neid. Fast jedes Mitglied des Ensembles scheint eine Rolle zu spielen, die weit über das Skript hinausgeht. Das Thema "Schein gegen Sein" zieht sich wie ein roter Faden durch die Ermittlungen, wobei die Grenze zwischen der theatralischen Inszenierung und den echten Abgründen der menschlichen Seele zusehends verschwimmt.
Ein Mörderspiel zwischen Fiktion und Realität
Dieser Fall markiert zudem einen weiteren Meilenstein in der Endphase einer Ära, denn das Duo Batic und Leitmayr steuert nach fast vier Jahrzehnten im Dienst langsam auf den wohlverdienten Ruhestand zu. Die Abschiedsstimmung ist in "Das Verlangen" deutlich spürbar, auch wenn der Fokus dieses Mal stark auf einem klassischen "Whodunit-Prinzip" nach Art eines Cluedo-Spiels liegt. Die Ermittler agieren in diesem kunstvoll konstruierten Stück fast wie Beobachter einer Welt, deren Regeln sie erst mühsam entschlüsseln müssen. Regisseur Andreas Kleinert setzt dabei auf eine dichte Atmosphäre aus Schatten und Bühnenillusionen, die den Film zu einem visuell beeindruckenden Erlebnis macht.
Besonders raffiniert erweist sich die Wahl des Theaterstücks innerhalb der Handlung: In Tschechows Werk spielt der Selbstmord eines Schriftstellers eine zentrale Rolle, was im "Tatort" als bewusster Meta-Kommentar zur Realität dient. Die Inszenierung spielt geschickt mit der Erwartungshaltung des Publikums und verknüpft die klassische Mördersuche mit einer klugen Reflexion über das Schauspiel an sich. Trotz der starken ästhetischen Ausrichtung bleibt die Frage nach dem Täter bis zum Schluss spannend, da ein dunkles Geheimnis der jüngeren Vergangenheit das Scheinwerferlicht immer wieder auf neue Verdächtige lenkt.
Wenn der Vorhang für die Wahrheit fällt
Gnadenlos offenbart die Geschichte, dass die gefährlichsten Emotionen oft dort lauern, wo das Licht am hellsten strahlt. Während Ulrich von Stein (Timothy Peach) und Paul Richter (Thaddäus Meilinger) in weiteren Rollen die Dynamik verschärfen, wird deutlich, dass im Theater der Mord nur der Anfang einer viel größeren Enthüllung ist. Die emotionale Wucht des Falls mag stellenweise unter der hochglanzpolierten Oberfläche der Inszenierung verborgen liegen, doch die schauspielerische Leistung des Ensembles fesselt bis zur letzten Minute. Wenn schließlich die Masken fallen, bleibt von der glitzernden Welt der Bühne nur noch die bittere Realität eines Verbrechens übrig, das Batic und Leitmayr alles abverlangt.








