Wenn der Frieden bricht: Das ZDF zeigt heute (10.11.2025) den Zweiteiler "Sturm kommt auf"

© ZDF/Fabio Eppensteiner
Das ZDF richtet heute (10.11.2025) ab 20:15 Uhr seinen Fokus ganz auf das packende, zweiteilige Historiendrama "Sturm kommt auf". Dieser Film verspricht eine tiefgehende Auseinandersetzung mit dem Aufstieg des Faschismus auf dörflicher Ebene, erzählt anhand der Geschichte eines Mannes, der einfach nur seine Ruhe haben wollte. "Sturm kommt auf" ist auch über die ZDF Mediathek abrufbar.
Der Schuster, der nicht politisch sein wollte
An der Spitze dieser Erzählung steht Josef Hader als Julius Kraus, ein Schuster mit tief verwurzelter Ablehnung jeglicher politischer Einmischung. Hader selbst bemerkte in Interviews, dass ihn diese Figur an "viele Menschen heute" erinnere, die sich "nicht positionieren wollen - bis es zu spät ist". Die Geschichte, die lose auf Oskar Maria Grafs Roman "Unruhe um einen Friedfertigen" basiert, spielt in einem idyllisch wirkenden oberbayerischen Dorf, dessen Ruhe trügerisch ist. Regisseur Matti Geschonneck (ein Spezialist für historische Stoffe wie "Die Wannseekonferenz") inszeniert diesen Kontrast meisterhaft: Die friedliche Kulisse bildet den Hintergrund für die schleichende Radikalisierung.
Der erste Teil beleuchtet die Zeit bis zur Machtergreifung Hitlers 1933. Julius Kraus, ein Freund des alten Bürgermeisters, wird nach dessen Beerdigung mit der politischen Situation konfrontiert. Er weigert sich standhaft, das Bürgermeisteramt zu übernehmen, und flüchtet sich in eine vorgetäuschte Krankheit. Währenddessen schwelt der Konflikt zwischen dem Bauern Silvan und dem "Roten" Ludwig Allberger (gespielt von Sebastian Bezzel), den Silvan nach einer Schlägerei als Todfeind betrachtet. Auch Silvans Vater, der Bauer Heingeiger (Sigi Zimmerschied), hält an alten Werten fest und duldet weder Hass gegen Juden noch gegen Linke auf seinem Hof, sehr zum Leidwesen seines Sohnes Silvan. Als der Gemeindediener erschossen wird, sucht der bedrohte Ludwig Allberger ausgerechnet beim friedfertigen Schuster Kraus Unterschlupf. Die Lage des Schusters spitzt sich zu, als er durch den Verkauf von Schmuck seines Sohnes Hans aus Übersee (der um Geld bittet) und die Nachforschungen des Juweliers Sulerschmid (der bei den Nazis Karriere macht) in Bedrängnis gerät: Die Frage nach seiner jüdischen Herkunft wird laut. Derweil eskaliert die Gewalt, als Bertl, einer von Silvans politischen Freunden, Elies, die Tochter des Bauern Heingeiger, im Wald angreift.
Zehn Jahre später: Der Sturm bricht los
Zehn Jahre später, im zweiten Teil der Erzählung (Sendzeit: heute um 22 Uhr), hat sich die politische Landschaft im Dorf dramatisch verändert. Die "Hakenkreuzler", nun als SA organisiert, bestimmen das Geschehen. Silvan ist zum Sturmführer aufgestiegen und gerät in Konkurrenz mit dem aufstrebenden Juwelier Sulerschmid. Als der Vergewaltiger seiner Schwester, Bertl, auftaucht und Silvan erpresst, erschlägt Silvan ihn im Affekt. Peter, der uneheliche Sohn seiner verstorbenen Schwester, der nun ein Jugendlicher ist und mit dem "roten" Ludwig Allberger befreundet ist, wird Zeuge des Totschlags, doch beide müssen aus Angst vor dem mächtigen Silvan schweigen.
Julius Kraus versucht weiterhin, sich herauszuhalten, doch das Schicksal lässt ihm keine Ruhe. Der Tod seines Sohnes in Übersee trifft ihn schwer, doch dann erfährt er durch den Notar, dass er eine Erbschaft von über einer Million US-Dollar gemacht hat. Dabei kommt seine ursprüngliche Zugehörigkeit zur israelitischen Religion ans Licht. Als die Nachricht von der amerikanischen Millionenschwere Erbschaft die Runde macht, nutzt der nunmehr mächtige Silvan die Schwäche des Schusters für eine Schutzgelderpressung. In seiner Verzweiflung schenkt Kraus das gesamte Erbe seinem alten Schützling Ludwig Allberger und erklärt dann öffentlich, dass er jüdischer Herkunft und katholischen Glaubens ist, um den Gerüchten ein Ende zu setzen. Die Konsequenzen sind unmittelbar: SA-Männer flankiert vom Juwelier Sulerschmid stürmen den Hof des alten Heingeiger, um Peter wegen seiner Verbindung zu den Kommunisten zu holen. Der Hof wird verwüstet und brennt nieder. Silvan bricht vor den rauchenden Überresten seines Elternhauses zusammen und schwört Rache an Sulerschmid, dem er die Schuld für alles gibt.
Ein Mahnmal mit angezogener Handbremse
Dieses Historiendrama bildet den Abschluss eines größeren ZDF-Themenschwerpunkts zur Stärkung der Erinnerungskultur und der Sichtbarmachung historischer Parallelen zur Gegenwart. Die Starbesetzung um Josef Hader, Verena Altenberger, Sebastian Bezzel und Sigi Zimmerschied liefert durchweg tiefgründige Leistungen. Doch die Kritik bemerkt an: "Sturm kommt auf" ist ein klug inszeniertes Historiendrama, das mehr behauptet als erzählt. Trotz atmosphärischer Kulisse bleibt der Zweiteiler seltsam distanziert. Regisseur Geschonneck setzt auf subtile Spannung, doch die Dramaturgie wirkt oft zu behäbig. Statt emotionaler Wucht gibt es gepflegte Zurückhaltung, was das Thema - politische Radikalisierung im Dorf - eher illustriert als durchdringt. Ein historisches Lehrstück mit Anspruch, aber ohne nachhaltige Wirkung.








