Dresden-Tatort "Siebenschläfer": Mix aus Heimflucht, Medikamentenmissbrauch und Mord - heute (12.10.2025) in der ARD

© MDR/MadeFor Film/Steffen Junghans
Heute (12.10.2025) um 20:15 Uhr lädt die ARD zu einem düsteren Tauchgang in die Abgründe der Jugendhilfe ein. Der neue Dresden-Tatort "Siebenschläfer" verzichtet auf Tempo und Spektakel. Stattdessen entwickelt er sich zu einem beklemmenden Sozialdrama, das die systemische Müdigkeit von Institutionen wie Jugendamt, Heim und Polizei schonungslos offenlegt. Der Titel bezieht sich nicht nur auf das Jugendheim, aus dem zwei Teenager fliehen, sondern auf eine gesellschaftliche Trägheit, in der junge Menschen zu "Statisten in einem Zombiestreifen" verkommen.
Das neue Duo im Taumel der Resignation
Nach dem Ausstieg von Kommissarin Gorniak (Karin Hanczewski) ermitteln in diesem Fall erstmals nur Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) und Peter Michael Schnabel (Martin Brambach). Das Duo muss sich neu finden und tut dies in einer überraschend unaufgeregten, aber effektiven Dynamik. Besonders Schnabel rückt in den Fokus und erhält mehr Raum für seine resignierte, aber auch überraschend väterliche Seite. Er entwickelt eine ungewöhnliche Verbindung zu dem Hauptverdächtigen, Pascal (Florian Geißelmann), einem impulsiven Jugendlichen mit einer Vorgeschichte von Psychopharmaka-Missbrauch. Winkler (Cornelia Gröschel) hingegen bleibt auffällig blass, als hätte man ihr die schärfsten Dialoge mit Beruhigungsmittel verabreicht.
Der Fall beginnt mit einem doppelten Schock: Die 16-jährige Lilly-Marie (Dilara Aylin Ziem) und ihr Freund Pascal (Florian Geißelmann) hauen nachts aus dem Heim ab. Am nächsten Morgen liegt Lillys Leiche in einem nahegelegenen See, Pascal ist verschwunden. Schnell gerät das Jugendheim "Siebenschläfer" ins Visier der Ermittler. Unter der Leitung von Saskia Rühe (Silvina Buchbauer) präsentiert sich die Einrichtung zunächst als Vorzeige-Heim, doch die Fassade bröckelt schnell. Die Ermittlungen führen über die besorgte Erzieherin Jasmin Hoffmann (Aysha Joy Samuel) und den Psychiater Lukas Brückner (Hanno Koffler) in ein System, das mehr Schatten als Schutz bietet.
Die bittere Logik des Dilemmas
Die Drehbuchautorinnen Silke Zertz und Frauke Hunfeld verzichten auf einfache Antworten und setzen auf komplexe Figuren, die zwischen Fürsorge und bürokratischer Lähmung aufgerieben werden. Die Spannung entfaltet sich nicht durch Verfolgungsjagden, sondern durch psychologischen Druck. Als ein weiteres Verbrechen passiert - der Abteilungsleiter des Jugendamtes, Torsten Hess (Peter Moltzen), wird ermordet aufgefunden - verdichtet sich der Verdacht, dass die Täter in den eigenen Reihen des Systems zu suchen sind.
Ein Monolog des Jugendamtsleiters Hess fasst die zentrale These des Films zusammen: Die beteiligten Personen stecken in einer bitteren Logik fest. "Nehmen wir Kinder aus Familien heraus, sind wir schuld. Tun wir es nicht, sind wir auch schuld", bringt er das Dilemma auf den Punkt. Regisseur Thomas Sieben inszeniert diesen Konflikt mit einer fast dokumentarischen Nüchternheit, die die beklemmende Atmosphäre des sozialen Versagens verstärkt.
Kritischer Blick: Lähmung statt Spannung
Lohnt sich das Einschalten? Der Dresden-Tatort "Siebenschläfer" schläft nicht, er lähmt. Was als düsteres Sozialdrama beginnt, endet in einem Krimi, der sich selbst sediert hat. Die Heimkinder wirken wie aus einem Casting für "Walking Dead - Jugendhilfeedition", die Ermittler taumeln zwischen Betroffenheitsmimik und Dienstwegprosa. Der Fall, ein Mix aus Heimflucht, Medikamentenmissbrauch und Mord, entfaltet sich so zäh wie ein Sozialbericht auf Valium. Es ist ein Tatort, der viel will - kritisch sein, Sozialversagen aufzeigen - aber sich selbst in der Nüchternheit verliert. Wer hier wach bleibt, bekommt zwar ein tiefgründiges Gesellschaftsporträt geboten, muss aber auf klassische Krimi-Spannung verzichten.