Kunst, Blut und Größenwahn: Münster-Tatort "Gott ist auch nur ein Mensch" heute im WDR

© WDR/Wolfgang Ennenbach
Ein Tatort aus Münster ist selten nur ein Kriminalfall - er ist eine Institution. Doch "Gott ist auch nur ein Mensch", der heute Abend um 20:15 Uhr im WDR Fernsehen wiederholt wird, ist selbst für Münsteraner Verhältnisse ein echtes Meisterwerk. In dieser Folge entführen uns Kriminalhauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Rechtsmediziner Professor Dr. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) in die schillernde, aber auch tödliche Welt der internationalen Kunstszene. Der Fall, der mit einer makabren Clownsskulptur beginnt, ist ein einziges, groteskes Ego-Duell, das selbst die eingeschworene Fangemeinde überrascht. Der Münster-Tatort "Gott ist auch nur ein Mensch" ist auch über die ARD Mediathek verfügbar.
Der Vorhang hebt sich für das makabre Kunstwerk
Münster bereitet sich auf die internationale Skulpturenausstellung vor, als eine vermeintliche Clownsskulptur vor dem Rathaus eine schreckliche Entdeckung offenbart: Sie ist in Wahrheit die Leiche eines ehemaligen Stadtrats. Dieses grauenvolle "Kunstwerk" ist der Auftakt zu einer Serie von Morden, die die Ermittler in die exzentrische Kunstwelt führen. Die Opfer werden nicht nur getötet, sondern vom Täter in bizarre "Kunstinstallationen" verwandelt. An jedem Leichnam findet sich eine Kettenbotschaft in Form von Buchstaben, die ein übergeordnetes Rätsel ergeben. Die Ermittlungen, an denen auch Kommissarin Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter), Boernes Assistentin Silke "Alberich" Haller (Christine Urspruch) und Staatsanwältin Klemm (Mechthild Großmann) beteiligt sind, drehen sich um die Fragen: Wer könnte hinter dieser Tat stecken und was haben die Opfer gemeinsam? Die Antwort liegt in der Verbindung von Gerechtigkeit, Kunst und Rache.
Die Faszination G.O.D.
Die Ermittlungen führen Thiel und sein Team direkt zu den in der Stadt residierenden Künstlern. Einer von ihnen zieht Boerne sofort in seinen Bann: Der exzentrische Aktionskünstler Zoltan Rajinovic, gespielt von Aleksandar Jovanovic, der sich selbst "G.O.D." nennt. Dieser Name, ein direkter Seitenhieb auf den Größenwahn der Kunstszene, spiegelt das grandiose Ego des Mannes wider, der als Einziger das von Boerne übertreffen kann. Boerne ist dermaßen fasziniert, dass er zum "Meisterschüler" des Künstlers wird und sogar mit ihm gemeinsam medienwirksam in Erscheinung tritt.
Es ist eine wahre Freude, die Auseinandersetzung der beiden Egos zu beobachten, die zu absurd komischen Dialogen und Situationen führt. Boerne, der sich selbst als einen der wichtigsten Kunstkenner Münsters sieht, zitiert bei der Obduktion das berühmte lateinische Sprichwort "Vita brevis, ars longa" - "Das Leben ist kurz, die Kunst ist lang". Diese Episode zeigt auf herrlich ironische Weise, wie sehr sich Boerne in seiner eigenen Welt verliert, während Thiel versucht, die bizarre Realität des Falls zu verstehen.
Das unerwartete Detail und die scharfe Beobachtung
Der Fall wird noch undurchsichtiger, als Boerne bei der Obduktion des ersten Opfers eine SD-Karte in der Leiche entdeckt, die Beweise gegen den getöteten Stadtrat enthält. Ein bizarrer, aber genialer Twist. Obwohl die Spur zunächst in Richtung der Eltern der missbrauchten Kinder führt, ist schnell klar, dass ein kunstsinniger Serienmörder am Werk ist. Während Thiel von den Künstler-Alibis an seine Grenzen gebracht wird, nutzt Boerne seine neu gewonnene Nähe zu G.O.D. für seine eigenen Ermittlungen. Er erkennt, dass der Täter über ein schwieriges, von mangelndem Selbstwertgefühl geprägtes Leben verfügen muss - ein Profil, das so gar nicht auf den überheblichen G.O.D. passt.
Der Münster-Tatort zeigt einmal mehr, dass er nicht nur ein Krimi, sondern eine Charakterstudie ist. "Gott ist auch nur ein Mensch" fängt perfekt das Spiel zwischen Boernes hochtrabenden Theorien und Thiels pragmatischem Ermittlungsstil ein und kombiniert es mit einer cleveren, unerwarteten Story. Er ist eine Ode an die skurrilen Figuren, die diese Reihe so einzigartig machen, und ein Beweis dafür, dass der Münsteraner "Tatort" auch nach all den Jahren immer noch eine der kreativsten und unterhaltsamsten Krimi-Reihen des Landes ist.